Die Kraft der freien Begegnung und seelischen Beziehungsfähigkeit

Ein Grundmotiv des Neuen Yogawillen

Beschäftigt sich der Mensch in aufrichtigen Motiven mit Spiritualität und ihren Zusammenhängen, so äußert sich dies im Verständnis des Neuen Yogawillen vor allem in der sorgfältigen Bemühung um Schulung und Entfaltung einer seelischen Beziehungsfähigkeit. Wie ist dies zu verstehen?

Spiritualität umfasst die Ebene einer geistigen Wirklichkeit, die dem Leben zugrunde liegt. Diese möchte der Übende des Neuen Yogawillen in wachsendem Maße kennenlernen und in der Folge daraus das Leben mit einer erweiternden Sinngestaltung durchdringen, veredeln und individualisieren. Nun kann sich der Aspirant aber nicht einfach in ein spirituelles Dasein hineinleben ohne sich sorgfältig in den Begriffen und Gesetzmäßigkeiten in denen Spiritualität ihren Ausdruck findet zu schulen. So wie in jedem Lerngebiet die zugehörige Fachkunde erst herangebildet und errungen werden muss, so gilt dies ganz besonders auch für den sensiblen Bereich der Spiritualität. Der Aspirant der sich mit den Inhalten des Neuen Yogawillen befasst, muss die Begriffe und Ausführungen, wie sie durch im Geiste tief gegründete Menschen wie es bspw. Rudolf Steiner war oder Heinz Grill ist über längere Zeit studieren und erfassen lernen. In gewisser Weise muss er erst die Beziehung zu den Begriffen und esoterischen Zusammenhängen auf seelisch aktive Weise heranbilden.

Die seelische Kraft des Menschen als vermittelndes Glied zwischen Geist und Welt


Die Seele kann als das mittlere Wesensglied verstanden werden, dass zwischen einer 'oberen' geistigen Wirklichkeit und einer 'unteren' irdischen Welt vermittelnd eingebunden ist. Damit diese seelische Ebene auf richtige Weise ihren freien Stand finden kann und einen Bezug sowohl zum Geiste als auch eine gesunde Sicht zur Welt finden kann, bedarf es einer systematischen Stärkung und Entfaltung ihrer seelischen Kräfte.

Wie häufig findet man in esoterischen Bereichen und eben auch auf dem Gebiet des Yoga sehr unsolide und oft emotional gebrauchte Begriffe wie gute oder schlechte Energie, man spricht von Einheit und vom Selbst. Aber auch in kirchlichen Institutionen spricht der Priester wie selbstverständlich vom Geiste, von der Liebe oder der Seele und dem ewigen Leben, leider aber dem Eindruck nach ohne, dass ein wirklich profundes Verständnis über die inliegende Dimension des gewählten Begriffes errungen wurde. Viele gesprochene Worte bleiben somit Hülsen ohne verwandelnde Kraft.

Die authentische Beziehungskraft als verbindende Gabe an die Welt


Im Stillen spürt bspw. der Besucher eines Yogakurses, ob die Worte und Ausführungen des Unterrichtenden Substanz haben und diese einer wirklichen Auseinandersetzung und Fachkunde zugrunde liegen oder ob die Worte mehr emotional und subjektiv gebraucht werden und in ihrem tieferen Sinn eigentlich leer sind. Es stellt sich die Frage nach der Authentizität in der Vermittlung der Übungen und Inhalte. So werden im Yogaunterricht häufig und gerne viele Emotionen mit Worten und der ganzen Art des Unterrichtens erzeugt. Diese aber bewirken seelisch eine Art Einhüllung des Menschen. Schult sich aber der oder die Yogaunterrichtende darin einen gedanklichen Inhalt so klar darzustellen und diesen den Teilnehmern auf sinnvolle Weise zu vermitteln, so entstehen gegensätzlich zu den Emotionen vielmehr feine und konkrete Empfindungen, die nun mehr Nähe zur Übung und eine wirklich erbauende und verbindende Kraft eröffnen können. Hierfür aber muss die Lehrperson wirklich eine feinfühlige Pädagogik und eine gute Fachkunde herangebildet haben. Wie groß sind doch die Unterschiede zwischen Emotionen und wirklichen Empfindungen.

Diese Beziehungsfähigkeit die an unserem Beispiel die Lehrperson im Yoga zum Ausdruck bringen kann, ist eine unmittelbar seelische Größe und Kapazität. Es wäre dies in gewisser Weise eine erste konkrete Anwendung und Ausdruck von Spiritualität. An solchen Beispielen lässt sich erahnen, wie elementar wichtig die Heranbildung einer seelischen Beziehungskraft ist. Dies als Grundlage um einen authentischen, freilassenden Zugang zu geistigen Inhalten zu finden, als gleichermaßen auch in der Vermittlung dieser Inhalte auf pädagogisch reife Weise zu den Mitmenschen. Die Lehrperson wirkt authentisch, sie wahrt einen freien Stand ohne Wahrheitsansprüche und doch wird die bisher errungene Beziehung zum Inhalt ihren unabhängigen aber tragenden Ausdruck finden können.

Die seelische Kraft zur Begegnung und Beziehung als Kulturwert


Genau in der sorgfältigen Entwicklung dieser seelischen Kräfte setzt der Neue Yogawille an. Er möchte die freilassende aber fachlich durchdrungene Kapazität im Menschen stärken, aus der heraus er wahrnehmend, verbindend und inhaltlich gestaltend in den verschiedenen Lebensbereichen und zu seinen Mitmenschen hin wirksam werden kann. Zusammenfassend wird diese seelische Fähigkeit in der Wahrnehmung zum Anderen und gleichzeitiger thematischer Gestaltungskraft von Heinz Grill als
sozialer Prozess beschrieben.

Gerade diese Beziehungskraft, die der einzelne Mensch heute zu vielen seiner Handlungen, zu seinem Beruf, zur Natur, zur Spiritualität und ganz besonders auch zu seinen Mitmenschen hat, unterliegt in ihrer Grundsubstanz meist starken Schwächen, Automatismen und Degenerationen. Diese seelisch gesunde Kapazität hingegen im Besten Sinne zu fördern sollte ein regelrechter Kulturwert sein. Es wäre regelrecht Kulturtherapie.

Indem sich der Mensch in der bewussten Entwicklung seelischer Kapazitäten, d.h. einem klareren Denken, tieferen Empfindungen und gesünderen Willensmotiven schult, unterliegt er auch in der Folge wesentlich geringer den verschiedensten Fremdeinflüssen und fremden Autoritäten. Auch wird der so geschulte Mensch sich nicht leicht irgendwelchen Gruppierungen oder Gemeinschaften anschließen in denen er nur wieder eine Geborgenheit kompensatorisch suchen könnte. Der Mensch wird seelisch differenzierter, eigenständiger und weiß seine eigene Position sehr wohl in Wachheit und Unterscheidung immerfort neu zu gründen und sich zur Welt in Beziehung bringen.

Je mehr der Mensch seine seelische Kapazität zur Welt entfaltet, desto mehr wird er sein eigenes Zentrum finden


Im Ansatz und Verständnis des Neuen Yogawillen wie ihn Heinz Grill in die Entwicklung geführt hat, ist diese seelische Beziehungskraft so sehr bedeutsam, weil sie die aktive Ausrichtung zur Welt und den verschiedenen Lebensbereichen veredelnd sucht. Keineswegs, und dies muss hier mit Nachdruck gesagt werden, geht der Übende im Verständnis des Neuen Yogawillens mit seinen seelischen Kräften in die eigene Innenwelt hinein oder taucht in die subjektiven Sphären des eigenen Befindens ab. Es ist dies eine unmittelbar seelische Gesetzmäßigkeit, dass je besser und differenzierter der Mensch die Beziehung und Wahrnehmung zur Welt und seinen Erscheinungen in Klarheit schult und durch geeignete Übungen intensiviert, desto mehr wird er sein eigenes seelisches Zentrum im Inneren finden. Dies gilt genauso für den interessanten Bereich der Meditation.

Spiritualität sollte den Menschen heute auf richtige Weise beziehungsfähiger machen, ihm eine Beziehung zum Geiste eröffnen, aus der heraus er dann wieder Kraft seiner Individualität freiheitlich, vermittelnd und gestaltend in die Welt hinein und ihre Sozialität wirken kann. Die errungene Beziehungskraft der individuellen Seele wirkt heilend auf den ganzen Menschen und die gesamte Kultur zurück.



(Zur Vertiefung seien oben unter dem Link Literatur auf die Bücher 'Das Wesensgeheimnis der Seele' als auch auf das Buch 'Übungen für die Seele' verwiesen)