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Die Magie der Verdrehung

Wie durch den Journalismus im SZ-Artikel das sektiererische Prinzip geradewegs etabliert wird

Vor einigen Monaten wurde in der Süddeutschen Zeitung ein die Person des Heinz Grill und sein Werk zutiefst diffamierender dreiseitiger Artikel veröffentlicht*, in welchem Heinz Grill als ominöser Guru einer sektiererischen Esoterikbewegung dargestellt wird, der zudem auch in angebliche Mordfälle involviert sei. Neben einer gänzlich wirren, alle Fakten entbehrenden und wild inszenierten Darstellung mit comicartigen, reißerischen Bildern und massiven Klischeevorstellungen, wie man sich eine nebulös-kriminelle Sekte vorzustellen hat, wird auf beeindruckendste Weise durch diese Form eines "seriösen" Journalismus geradewegs dasjenige etabliert, was in dem Artikel Thema ist: Angst und eine diffuse, sektiererische Stimmung. Dabei wäre doch der gesunde Dialog das naheliegendste Mittel der Wahl.

Sind nicht gerade Abschottung und Rückzug aus allem öffentlichen Dialog mit Wahrheitsansprüchen und elitärem Verhalten signifikante Merkmale eines sogenannten sektiererischen Gebarens? Entsteht nicht die sogenannte und gefürchtete Sekte eben da da, wo kein sozialer nach außen gerichteter Dialog von Mensch zu Mensch in Würde, Klarheit und Freiheit mehr möglich ist? Versuchen nicht gerade die eifernden und bemühten Sektenreferenten durch geschickte Interventionen die verirrten Schäflein wieder in das gesunde Boot unserer Gesellschaft, ja besser noch der etablierten Kirchen zu führen?


Die Methode des Nicht-Dialoges

Sehr auffällig ist an dem aufwendig inszenierten dreiseitigen Artikel in der SZ, dass die Hauptperson - Heinz Grill - um die es in diesem Artikel primär geht, in keinster Weise persönlich befragt wurde. Gewiss, man reichte vorweg per Mail einen Fragenkatalog ein, der aber von Herrn Grill aufgrund jeglicher fehlender persönlicher Kontaktaufnahme seitens der Journalisten zurückgewiesen wurde. Ausgiebig wurde hingegen die Familie Bornschein und ihre Anwälte, auf deren Intention hin dieser Artikel überhaupt erst entstand, interviewt. Ebenso wurden katholische Bistümer und Sektenberatungsstellen befragt.

Heinz Grill selbst ist der konstruktiv-öffentliche Dialog durchaus ein großes Anliegen. Er begrüßt Kritik, solange diese sich in einem offenen und die gegenseitige Würde wahrenden Rahmen bewegt. Keineswegs würde er einem Dialog ausweichen. Ich war daher sehr erstaunt zu erfahren, dass trotz wiederholter Einladung seitens von Heinz Grill an seine Kritiker, das persönliche Gespräch mit ihm zu suchen, dies noch nie von diesen in Anspruch genommen wurde.

So inszeniert man also einen grossangelegten Artikel in der SZ, veröffentlicht diesen gar noch in der Wochenendausgabe zur Osterzeit. Da muss es sich doch um etwas sehr Bedeutendes handeln möchte man meinen. Aber warum lädt man die Hauptperson nicht zu einem Gespräch ein, bzw. sucht diesen vielleicht persönlich auf, was wohl das Naheliegendste wäre. Ob man sich fürchtet von dem Sektenguru unheilvoll verwünscht zu werden oder gar von seinen hörigen Anhängern in ein dunkles Kellerloch gesperrt zu werden?

Dieser Nicht-Dialog scheint jedenfalls sehr signifikant und charakteristisch. Indem man diesen Nicht-Dialog wählt, kreiert man gerade jene diffuse Szenerie der vorsätzlichen Ausgrenzung und Stigmatisierung. Entsteht nicht eben dadurch eine unheilvolle Stimmung des Obskur-Gefährlichen, dass die Stimmung eines bedrohlichen Guruwirkens noch verstärkt - zumal in dem Artikel nicht einmal konkrete Zusammenhänge und Fakten geschildert werden, als vielmehr rein spekulative Mutmaßungen und Annahmen?

Aller gesunder Dialog, wenn er den Wagemut in sich trägt in eine offene, konstruktive Begegnung zu treten, fördert immer die Möglichkeit neuer und klärender Verhältnisse. Viele Aussagen ließen sich in ihrem Wahrheitsgehalt und ihren Bezügen im persönlichen Gespräch sicher deutlich prüfen. Dieser zentrale Schritt aber wird von Seiten der Journalisten nicht getan.

Nach meinem Verständnis ist diese Bemühung um gesunde, freiheitlich-soziale Prozesse ein wesentlicher Grundpfeiler in der Arbeit und dem Werk von Heinz Grill. Eine Spiritualität, die sich unabhängig von allem Missionsgedanken, Credos oder esoterischen Mäntelchen in den sozialen Dialog begibt und eine gegenseitige Wahrnehmung und das inhaltliche, authentische Gespräch sucht, erlebe ich als hoffnungsvoll und zukunftsweisend. Gerade das aber wird Herrn Grill abgesprochen indem er als lichtessender Guru und zurückgezogener asketischer Kopf einer ominösen Sekte dargestellt wird, den man als Journalist wohl besser nicht persönlich aufsucht.

Da wär mir dann aber doch die Frage:
Wer ist es eigentlich, der die Sekte und eine Sektenstimmung kreiert?

Ich kenne keine Person die Heinz Grill persönlich und als Referent erlebt hat, die danach sagte, hier würde es sich um Sektentum handeln. Herr Grill hat Kontakt mit Menschen aller Gesellschafts- und Berufsklassen, vom Akademiker bis hin zum einfachen Arbeiter. Er spricht auch mit Menschen verschiedener Religionen oder Ethnologien. Ihn interessiert im Besonderen der Fachbereich der Spiritualität und wie diese in der Persönlichkeit des Menschen, bzw. auch in den verschiedenen Berufswegen und Lebensbereichen auf freie und individuelle Weise zur Entfaltung kommen kann.


Zur Sekte wird man durch Ausgrenzung und Diffamierung gemacht

Dasjenige was man also heute so gern als Sekte oder sektiererisch anprangert entsteht doch geradewegs auf der Basis der geschickten, oft heimlichen Intervention und des Nicht-Dialoges. Man drückt den Menschen ein Stigma auf, welches sich in unserer gegenwärtigen Kultur gut instrumentalisieren lässt. Sekte und Angst - oder wie es in der Überschrift des SZ-Artikels heißt: 'Angst und Yoga. Wie eine fanatische Esoterikgruppe seit Jahren Polizei und Justiz vorführt.' Na wenn das nicht wirkt. So machte es die Kirche im Mittelalter auch: Sie zeigte nach völlig fadenscheinigen Beweggründen auf bestimmte, oft wissende und weise Frauen und stigmatisierte diese als Hexen, oder wer dem Credo der etablierten Kirche nicht entsprach, wurde als Ketzer verfolgt oder verbrannt. Wie sehr lebt dieses Prinzip immer noch in unserer gegenwärtigen Kultur? Es ist ein Prinzip der Angst und des Machtmissbrauches. Und es ist ein Prinzip der gezielten Diffamierung, der Ausgrenzung und des Nicht-Dialoges. Diese Zeit geht zu Ende, auch wenn diese Lüge und der Missbrauch gegenwärtig in ihren letzten Zügen noch einmal wütend um sich schlagen. Eigentümlich geschieht dies genau dort, wo für die Kultur freie und hoffnungsvolle Entwicklungskeime liegen. Nun, dies scheint wohl eine traurige Gesetzmäßigkeit zu sein.
* Der SZ-Artikel ist unter folgendem Link zu finden - allerdings nur über SZ-Plus einsehbar. (zahlungspflichtig) -> hier